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1. Theil 3 - S. 296

1880 - Stuttgart : Heitz
296 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. 107. Peters des Grotzen letzte Regierungsjahre. — Katharina I. — Peter Ii. — Anna Jwanowna. So lange der große Czar lebte, hörte er nicht auf, neue Einrichtungen zu machen, Mißbrauche abzuschaffen und an der Bildung seines Volks kräftig zu arbeiten. Um neue Ideen dazu zu sammeln, reiste er gern in andere Länder. Einmal zog er auch nach Pyrmont ins Bad. Der Graf von Waldeck bewirthete ihn ganz prächtig und fragte ihn zuletzt, wie ihm sein. Schloß gefalle. „Recht gut!" antwortete Peter, „es hat nur einen großen Fehler: die Küche ist zu groß angelegt." — Im Jahre 1716 machte er in Begleitung seiner Gemahlin Katharina eine größere Reise, auf der er auch sein geliebtes Holland wieder besuchte. Hier wurde er mit einer feierlichen Rede empfangen. Der Redner hatte in den pomphaftesten Ausdrücken gesprochen. „Ich danke Ihnen," antwortete Peter; „aber ich habe Sie nicht verstanden. Mein Holländisch^ lernte ich beim Schiffbau in Zaandam; doch diese Sprache lernte ich nicht." Auch jetzt strich er fleißig auf den Schiffswerften umher und besuchte alle Sehenswürdigkeiten. Stundenlang sah er den Malern in ihren Werkstätten zu. Dann reifte er nach Paris. Ludwig Xiv. war kurz vorher gestorben. Sein Urenkel, Ludwig Xv. (1715—74), ein siebenjähriges Kind, war jetzt König. Als dieser königliche Knabe Petent besuchte, nahm ihn dieser ohne Weiteres ans die Arme, küßte ihn und sprach: „Ich wünsche, Sire, daß Sie wohl aufwachsen und einst löblich regieren mögen! Vielleicht können wir mit der Zeit einander nützlich fein." Wie mochten die Franzosen über biefe Verachtung aller Etiquette die Nasen rümpfen! — In Paris fand Peters Wißbegierde noch mehr Nahrung als in Holland. Aus einer Anstalt eilte er zur andern, besuchte die Fabriken, die Gelehrten und Künstler, und machte bei den letzteren große Bestellungen. Als er in die Kirche kam, in welcher der kluge Richelieu begraben lag, umarmte er dessen Bildsäule und rief: „Großer Mann, dir würde ich die Hälfte meiner Staaten gegeben haben, um die andere Hälfte von dir regieren zu lernen." Seine Spazierfahrten führten ihn auch nach St. Cyr, wo Frau von Maintenon in Ruhe lebte. Sie war unpäßlich und verbat sich anfangs den Besuch. Aber Peter bestand darauf, „^ch muß," sagte er, „der Frau meine Hochachtung erweisen, die es so gut mit dem Könige und dem Reiche gemeint, und wenn sie

2. Theil 3 - S. 305

1880 - Stuttgart : Heitz
Friedrichs des Großen Vorfahren. 305 Pfalz-Neuburg fielen. Seinen Abschluß erhielt dieser Erbfolgestreit erst im Jahre 1666. Den Sohn Johann Sigismunds, Georg Wilhelm (1619—40), haben wir im dreißigjährigen Kriege keine rühmliche Rolle spielen sehen. Desto wichtiger war die Regierung seines Sohnes Friedrich Wilhelm, des großen Kurfürsten (1640—88), der recht eigentlich den Grund zu Preußens jetziger Macht gelegt hat. Einen großen Antheil an seinem Kriegsruhme hat Dersf-linger, der vom Schneidergesellen und Musketier bis zum Feldmarschall emporstieg. Von den Kkiegsthaten des Kurfürsten nur einiges. Am dreißigjährigen Kriege nahm er nur wenig Theil; aber durch den westphälischen Frieden erhielten die brandenbur-gischeu Länder einen großen Zuwachs, indem das Erzbisthnm Magdeburg, die Bisthümer Halberstadt, Minden und Kamin nebst Hinterpommern an Brandenburg fielen. Oben ist erzählt, daß Christina von Schweden ihre Regierung 1654 niedergelegt habe. Der Sohn einer Schwester Gustav Adolphs, also ihr Vetter, der Pfalzgraf Karl X. Gustav, wurde König (1654—60), und da der damalige König von Polen, Johann Casimir, ein Sohn Sigismunds, dagegen protestirte, so bekriegte ihn der kampflustige schwedische König. Friedrich Wilhelm nahm halbgezwungen an dem Kriege für Schweden Antheil und zog mit seinen Brandenburgern selbst nach Polen. Vor Warschau kam es 1656 zu einer dreitägigen blutigen Schlacht, in welcher die Schweden und Brandenburger Sieger blieben und Friedrich Wilhelm Beweise seines großen Muthes gab. Nachdem aber die Schweden gegen Dänemark gezogen waren, machte sich der Kurfürst, der sie nicht zu mächtig werden lassen wollte, von ihnen los und schloß mit Johann Casimir den Vertrag in Wehlau in Ostpreußen 1657, in welchem dieser der Lehnshoheit über Preußen entsagte und dieses ein unabhängiges Herzogthum wurde. Im Frieden zu Oliva, welcher 1660 den Krieg zwischen Schweden und Polen beendigte, wurde der Wehlauer Vertrag bestätigt. Ferner nahm Friedrich Wilhelm Theil an dem gemeinsamen Kriege gegen Ludwig Xiv., der sich mit dem Frieden von Nimwegen 1678 endigte, und da er am Rhein den Franzosen wacker zusetzte, so bewog der König von Frankreich den König von Schweden (Karl Xi.), von Pommern aus in die Mark Brandenburg einzufallen, um den Kurfürsten von den Franzosen abzuziehen. Aber dieser wankte in der Treue gegen seine Bundesgenossen, die Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 20

3. Theil 3 - S. 308

1880 - Stuttgart : Heitz
308 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. Friedrichs I. Sohn, Friedrich Wilhelm I., folgte 1713 und starb 1740. Welch ein sonderbarer Mann! Die Ordnung, Sparsamkeit und Thätigkeit selbst, aber-tyrannisch und jähzornig in hohem Grade. ' Ääs Erste, was er nach seiner Thronbesteigung that, war, daß er die vielen unnützen Hofleute abschaffte, in allen Stücken Ersparungen vornahm und davon die Schulden bezahlte. Kein Bürger konnte mäßiger leben, als der König. Er begnügte sich mit Hausmannskost und seine Uniform war oft abgetragen genug. Zwar spotteten manche über ihn, aber daraus machte er sich nichts; denn er hielt es wohl für eine Schande, Schulden zu haben,' nicht aber, wirthlich zu leben. Bald waren auch wirklich die vielen Schulden seines Vaters bezahlt, und nun legte er zurück, damit sein Nachfolger einen Schatz vorfände. Dabei war er den ganzen Tag thätig; kein Beamter war sicher, daß er nicht selbst nachsah, und wehe dem, der seinen Zorn rege machte! Bei dem geringsten Widersprüche hieß es: „Räsonnir' Er nicht!" und war man nun nicht still, so setzte es Faustschläge, Stockprügel und Fußtritte, und vor diesen Mißhandlungen waren selbst seine Gemahlin und Kinder nicht sicher. Des Abends erholte er sich mit einigen gleichgesinnten Generalen im sogenannten Tabakscollegium. Da wurde dermaßen Tabak geraucht, daß man vor Qualm kaum die Lichter brennen sah; die Unterhaltung war dabei nicht die feinste und der König erlaubte sich selbst oft die gröbsten Späße. Seine Hauptliebhaberei waren große Soldaten. Seine Garde bestand fast aus lauter Riesen, und als sein Nachfolger sie später größtentheils verabschiedete, haben sich wirklich die größten davon als Riesen für Geld sehen lassen. Wo er nur von einem großen „Kerl" hörte, da mußte er ihn haben und hätte er ihn sollen mit Gewalt entführen lassen. Wollte ihm ein anderer Fürst eine rechte Freude machen, so schickte er ihm einige recht große Leute. Einmal ließ er einem besonders langen Bauerkerle, der aber etwas schiefe Beine hatte, diese zerbrechen und dann gerade heilen, um ihn zur Garde brauchen zu können, und einen andern Riesen kaufte er für 5000 Reichsthaler. Aber er hatte diese Riesen nur zur Spielerei, nicht zum Kriegführen, ließ sich daher auch nur selten und höchst ungern in einen Krieg ein, und wenn er Hülfstrnppen stellen mußte, schärfte er dem Fürsten Leopold von Dessau, der sie anführte, ein, sie ja zu schonen. Dieser Fürst, den man den alten Dessauer zu nennen pflegte, war ein Mann ganz nach Friedrich Wilhelms Sinn; rauh wie der König, ein Feind aller Wissen-

4. Theil 3 - S. 310

1880 - Stuttgart : Heitz
310 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. dem Geiste jener Zeit. Dann erhielt er männliche Aufseher, den General von Finkenstein und den Oberst von Kalkreuth. Die Leitung seines Unterrichts übergab man einem Franzosen, aber einem sehr braven Manne, Duhan de Jandun, der in das junge Herz seines Zöglings eine hohe Achtung für Tugend pflanzte. Auch andere Lehrer mußten den heranwachsenden Knaben unterrichten; nur der Unterricht in der Religion war höchst mittelmäßig, und dies war die Ursache, daß Friedrich auch nachmals nicht so warm für Religion eingenommen war, als man ihm wohl hätte wünschen mögen. Nicht leicht hat wohl jemand eine so harte Jugend wie Friedrich gehabt, obgleich sein Vater ihn anfangs zärtlich liebte. Er zeigte als Knabe und Jüngling großen Hang zu allen stillen und sanften Beschäftigungen. Lesen war sein Hauptvergnügen; aber ob ihn gleich der König im 13. Jahre zum Hauptmann ernannt hatte, so waren ihm doch alle Kriegsübungen zuwider. Kaum merkte dies der Vater, so bezeigte er seinen lebhaften Unwillen, und da dies nichts änderte, so fing er an, den ihm so ungleichen Sohn förmlich zu hassen?) Sogar als Friedrich schon erwachsen war, wurde er noch vom Vater nicht nur wacker geschimpft, sondern selbst bei den Haaren herumgezogen und mit Füßen getreten. „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet," pflegte er zu fagen; „er macht sich nichts aus den Soldaten, und wird mir meine ganze Arbeit verderben." Dazu kam noch, daß der häusliche Friede zwischen dem Könige und der Königin zuweilen gestört war, was jederzeit auf die Kinder vom unglücklichsten Einflüsse ist. Es gab damals zwei Parteien am Hofe; eine, die sich an Oestreich und den Kaiser hielt, an ihrer Spitze der König, und eine englisch-hannöversche, welcher die Königin als eine geborene Prinzessin von *) Eines Tages war der geschickte Flötenspieler Quanz, der am dresdener Hofe lebte und mit der Erlaubniß der Königin jährlich zweimal nach Berlin zum Unterrichte des Kronprinzen kommen durfte, bei demselben. Beide spielten Flöte; Friedrich hatte die Uniform ausgezogen und dafür einen goldstoffenen Schlasrock und einen Haarbeutel angelegt. Plötzlich hörten sie den König kommen. Quanz sprang mit Noten und Flöten in ein zum Ofenheizen bestimmtes Kämmerchen, und der Prinz warf schnell den Schlafrock ab und fuhr in die Uniform. Dennoch mußte er vom Könige eine scharfe Strafpredigt anhören, weil der Haarbeutel bemerkt wurde; der Schlafrock wurde ins Feuer geworfen, und die vorgefundenen Bücher dem Buchhändler zurückgeschickt. Erst nach einer Stunde war der ge-ängstigte Quanz erlöst.

5. Theil 3 - S. 369

1880 - Stuttgart : Heitz
Peter Iii. Katharina Ii. 369 insgeheim war sie mit einem Grafen Alexei Rasumowski vermählt, der früher Chorsänger gewesen nnb von der Kaiserin zu hohen Ehrenstellen erhoben worden war. Da sie keine Nachkommenschaft hatte, so erklärte sie bald nach ihrer Thronbesteigung ihren Neffen, Karl Peter Ulrich, den Sohn ihrer älteren Schwester Anna und des Herzogs Karl Friedrich von Holstein-Gottorp, zum Großfürsten und Thronfolger und vermählte ihn mit Katharina, Prinzessin von Anhalt-Zerbst, auf welche Friedrich der Große aufmerksam gemacht hatte, denn ihr Vater stand als General in der preußischen Armee. Dieser Thronfolger bestieg, als Elisabeth am 5. Januar 1762 starb, als Kaiser Peter Iii. den Thron. Er bezeichnete seinen Regierungsantritt durch Milde, indem er die meisten unter Anna und Elisabeth nach Sibirien verwiesenen Staatsbeamten, unter ihnen Lestocq und den alten Münnich, zurückrief. Er wollte sich selbst die Freude machen, die beiden alten Feinde, Münnich und Birou, zu versöhnen. Als beide vor ihm Mm ersten Male erschienen, befahl er, drei Gläser Wein zu bringen, reichte jedem eins, nahm selbst das dritte und trank es ihnen zu. In diesem Augenblicke wurde er abgerufen. Beide Feinde standen eine Zeit lang mit den Gläsern in der Hand, starr und sprachlos einander gegenüber; endlich setzte jeder sein Glas hin und kehrte dem andern den Rücken zu. Peter verstand nicht, sich die Liebe seiner Unterthanen zu erwerben. Schon seine deutsche Abkunft, noch mehr der Vorzug, den er seiner holsteinischen Garde vor der russischen gab, seine geringe Achtung vor der Geistlichkeit und den Ceremonien der griechischen Kirche, und feine Vorliebe für den damals in Rußland nicht beliebten König von Preußen machten ihn verhaßt. Er liebte Friedrich den Großen so, daß er nicht nur, wie schon gesagt, sogleich Frieden und Bündniß mit ihm schloß, sondern auch dem russischen Militair einen preußischen Zuschnitt geben wollte. Er sprang einmal von der Tafel auf, warf sich, mit dem Weinglase in der Hand, vor dem Bildnisse des Königs nieder und rief: „Mein Bruder, wir werden miteinander die Welt erobern!" und da er außerdem rücksichtslos die russischen Gewohnheiten hintansetzte und lächerlich machte und eine Menge anderer Thorheiten beging, so wandten sich die Russen immer mehr von ihm ab und seiner Gemahlin zu, mit welcher er nicht in gutem Einvernehmen lebte, die es aber besser verstand, sich dem russischen Wesen anzuschmiegen und sich Anhänger zu erwerben. Um Katharina bildete sich nun eine Partei, die täglich Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 24

6. Theil 3 - S. 314

1880 - Stuttgart : Heitz
314 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. In Küstrin sperrte man den Kronprinzen in ein kleines Stübchen ein und erlaubte ihm nicht einmal, anders als zum Essen Licht zu brennen. Man gab ihm nur hölzerne Schemel; das Essen wurde ihm, weil Gabel und Messer ihm versagt waren, geschnitten gereicht. Zum Lesen erhielt er nichts als eine Bibel und einige Andachtsbücher. Das Härteste aber war, daß der König ausdrücklich befahl, er solle der Hinrichtung seines Freundes Katt zusehen. Dieser wurde unter starker Bewachung nach Küstrin gebracht und hier augenblicklich auf das Blutgerüst geführt, welches vor dem Fenster des Kronprinzen aufgeschlagen war. Jetzt rollte die verschlossene Gardine des Zimmers hinauf, er sah plötzlich das schwarz ausgeschlagene Gerüst, und wurde gezwungen, ans Fenster zu treten. Als er Katt erblickte, wollte er sich aus dem Fenster stürzen, und als man dies verhinderte, bat er flehentlich, die Hinrichtung aufzuschieben; er wolle an den König schreiben und für den Preis der Begnadigung seines Freundes seinem Rechte auf die Thronfolge entsagen. Das dürfe man nicht, antwortete man ihm, der König sei unerbittlich. „O mein liebster Katt," rief er nun, „wie unglücklich bin ich! Ich bin schuld an Ihrem Tode! Wollte Gott, ich stände an Ihrem Platze!" — „Ach, gnädiger Herr," antwortete Katt, „wenn ich tausend Leben hätte, so würde ich sie alle gern für Sie hingeben!" In dem Augenblicke fiel er auf die Knie nieder und rief: „Mein Gott, ich gebe meinen Geist in deine Hände!" und sogleich fiel sein Kopf zu Beden. Er war erst 22 Jahre alt. Der Kronprinz hatte hiervon nichts mehr gesehen. Ohnmächtig war er umgesunken und auf sein Bett gelegt worden. Als er wieder zu sich kam, war er in einer schrecklichen Stimmung. Bald weinte er, bald starrte er in dumpfer Betäubung vor sich hin und wollte durchaus sterben, und nur der Gedanke an seine Mutter und an seine geliebte Schwester konnte ihn bewegen, sich etwas zu schonen. Sehr wohlthätig für sein verstörtes Gemüth war der Besuch eines Feldpredigers, Müller, der den unglücklichen Katt zum Tode bereitet hatte und nun kam, um die letzten Grüße desselben dem Prinzen zu überbringen. Katt ließ ihm sagen, er möge sich ja durch die letzten Ereignisse zur Buße führen lassen, seinem Vater sich unterwerfen und nicht denen folgen, die seinen Leidenschaften schmeichelten, sondern die, welche ihm die Wahrheit Absichten sind gut; Sie sprechen freimüthig zu mir und das vermehrt meine Achtung für Sie. Beruhigen Sie meine Frau!"

7. Theil 3 - S. 316

1880 - Stuttgart : Heitz
316 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. Von diesem Tage begann für den Kronprinzen eine glücklichere Zeit. Noch einmal hielt der König ihm sein Vergehen ernsthaft vor, sagte ihm aber auch zugleich, daß dies das letzte Mal sei und daß er nun das Vergangene vergessen und vergeben wolle. Er hielt auch Wort; es schien, als ob mit dem letzten Sturme seine Heftigkeit sich ausgetobt hätte. Auch that Friedrich alles mögliche, seinem Vater seinen guten Willen zu zeigen. Kein Regiment war so gut exercirt wie das seinige; denn er wußte wohl, daß nichts den König so sehr erfreuen könnte als dies. Aus seinem Garten und seiner Speisekammer schickte er fleißig frühen Spargel, Weintrauben, Melonen, Kibitzeier, Pasteten, Enten, Truthähne und Tauben in die königliche Küche und ließ in der ganzen Welt Soldaten von seltener Größe für die Garde aufsuchen. Das war aber keine Heuchelei; bei jeder Gelegenheit, auch nachmals, zeigte er eine hohe Ehrfurcht für das Andenken seines Vaters, der allerdings auch viele Verdienste hatte, und er sprach auch in der Folge nie von den Schwächen, sondern nur von den Tugenden desselben; ein herrlicher Zug aus dem Charakter Friedrichs des Großen! — Seit seiner Begnadigung lebte er in Ruppiu, wo sein Regiment stand, oder auf dem nahe gelegenen Lustschlosse Rheinsberg in Gesellschaft ähnlich gesinnter Freunde. Es ist erfreulich , zu sehen, wie zärtlich der alte König in der letzten Zeit seines Lebens ihn liebte, und wie diese Zärtlichkeit zunahm, je mehr der Vater sich dem Tode näherte. Als Friedrich einmal gefährlich krank war, hörte man den König schmerzvoll ausrufen: „Ach, soll ich meinen Sohn verlieren!" Eben so groß war das Vertrauen des Königs ans den Kronprinzen." In den letzten Jahren feines Lebens erfuhr der König trotz feiner langen, treuen Anhänglichkeit an den Kaiser mancherlei Kränkungen und Zurücksetzungen von demselben. Einst, als er feinen Unmuth ausfprach, zeigte er auf den Kronprinzen mit den Worten: „da steht einer, der mich rächen wird." Ein ander Mal, nachdem er sich mit dem Prinzen lange freundlich unterhalten hatte, wandte er sich an die Umstehenden mit einem freudestrahlenden Gesichte: „Thut mir Gott nicht viele Gnade, daß er mir einen so braven und würdigen Sohn gegeben hat?" Er nannte ihn nicht anders als Fritzchen, und dieser vergoß viele Thränen bei der letzten Krankheit seines Vaters und versicherte, gern einen Arm für die Verlängerung des Lebens desselben hingeben zu wollen. Wie gehorsam er gegen fernen Vater war, beweist auch, daß er sich mit einer braunfchwei-

8. Theil 3 - S. 325

1880 - Stuttgart : Heitz
Scenen aus dem siebenjährigen Kriege. 325 auf ihn ab, in denen er zum ersten Male der Große genannt wurde. Bald nach dem Frieden wurde dicht vor einem Thore Potsdams das Schloß Sanssouci vollendet, welches sich Friedrich in einfachem Style hatte bauen lassen, um hier, was auch der Name andeutete, so sorgenfrei als möglich zu leben. Es steht auf einer Anhöhe, und breite Terrassen führen in den Garten hinab. Hier verlebte er seine glücklichsten Stunden, wenn es ihm auch nicht gelungen sein mag, sich völlig aller Sorgen zu eutschlagen; wie war dies auch bei seiner Thätigfeit möglich? In Sanssouci hatte er die Freude, den berühmten Dichter Voltaire (geb. 1694, gest. 1778) bei sich zu sehen und drei Jahre lang bei sich zu bewirthen. Aber so groß auch die Vorliebe, die Friedrich für ihn hatte, war, so erkannte er doch bald den niedrigen Sinn dieses so geistreichen Mannes; er ist nachmals von demselben mit dem schwärzesten Undank behandelt worden! — „Guter Gott!" schrieb er einst an einen Freund über Voltaire, „wie kann doch so viel Genie mit solcher Verdorbenheit des Gemüths verbunden sein!" Und ihm selbst schrieb er einmal: „Ihr Herz ist hundertmal abscheulicher, als ihr Geist schön ist." Dergleichen traurige Erfahrungen machten den König mißtrauisch gegen die Menschen, und er schloß sich daher späterhin lieber an die harmlose Thierwelt an. Er hielt sich immer eine Anzahl Windhunde, die beständig um ihn sein mußten und die er mit großer Zärtlichkeit liebte. Selbst wenn er reiste, wurden sie ihm oft in einer sechsspännigen Kutsche nachgefahren, und als einmal einer dieser Lieblinge in feiner Abwesenheit starb, durste er nicht eher begraben werden, bis er selbst bei der Beerdigung zugegen sein konnte. Im Garten von Sanssouci wurden ihnen Denkmäler gesetzt, welche die Namen der Gestorbenen bezeichneten. 109. Scenen ans dem siebenjährigen Kriege. Nach einer elfjährigen Ruhe wurde Friedrich genöthigt, wieder einen Krieg anzufangen, der sieben Jahre dauerte, einen großen Theil von Deutschland verwüstete und ihn mehrmals an den Rand des Verderbens brachte, den er aber dennoch endlich mit großem Ruhme endigte. Er dauerte von 1756—63. Maria Theresia, nun Kaiserin, seitdem ihr Gemahl, Franz von Lothringen, 1745 nach Karls Vii. Tode unter dem Namen Franz I. zum deutschen

9. Theil 3 - S. 348

1880 - Stuttgart : Heitz
348 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. bald bestätigte sich auch bei ihm die Erfahrung, daß bei Thätigkeit und Ausdauer in der größten Noth die Hülse nahe ist. Im Januar 1762 brachte ein Courier dem schon ganz verzweifelten Könige, der diesmal in Breslau sein Winterquartier hatte, die wichtige Nachricht, daß die-Kaiserin von Rußland, Elisabeth, am 5. Januar gestorben sei. Ihr Nachfolger war Peter Iii., der eben so innig den großen König liebte und verehrte, als seine Vorgängerin ihn gehaßt hatte. Seine erste Negentenhandlnng war, daß er seine Heere aus den preußischen Provinzen zurückrief und einen Waffenstillstand einging. Bald folgte ein förmlicher Friede und diesem ein Bündniß. Eins der russischen Heere focht nun an der Seite der Preußen, denen es bisher feindlich gegenübergestanden hatte. Welch eine Wandlung! Die Kaiserlichen trauten ihren Augen nicht, als mit einem Male die Russen sich von ihnen trennten und zu den Preußen sich gesellten. Wer war froher als Friedrich! Geschwind nahm er die Belagerung von Schweidnitz vor. Aber ehe er dies konnte, mußte er die Oestreich er von den eine Meile davon liegenden Anhöhen von Burkersdorf vertreiben, von wo aus sie die Belagerung hindern konnten. Eben wollte er angreifen, und hatte schon deshalb mit dem General Ezernitschew, der die russischen Hülssvölker führte, Verabredung getroffen, als ein .zweiter Courier ankam und die Trauerpost brachte, Kaiser Peter sei durch seine Gemahlin entthront worden, und die neue Kaiserin, Katharina Ii., befehle dem General Ezernitschew, augenblicklich das preußische Heer zu verlassen. Friedrich erschrak; aber er wußte sich mit großer Geschicklichkeit zu helfen. Er stellte Ezernitschew vor, er müsse noch einige Tage verziehen, bis die nöthigen Anstalten zur Verpflegung des russischen Heerhaufens auf dem Marsche gemacht wären, und bat ihn, bis dahin vor jedermann den erhaltenen Befehl zu verschweigen. Das versprach der General, und nun griff Friedrich die Kaiserlichen bei Burkersdorf (zwischen Schweidnitz und Reichenbach) unverzüglich an. Zwar durften die Russen nicht mitfechten; aber da Daun dies nicht wußte, so war er genöthigt, einen Theil seines Heeres den Russen gegenüberzustellen. Friedrich erfocht hier am 20. Juli einen schönen Sieg; aber erst im October gelang es ihm, Schweidnitz mit Sturm einzunehmen. Durch diesen Regentenwechsel in Rußland wurde plötzlich das erst kürzlich mit Preußen geschlossene Freundschastsbündniß zerstört. Das Volk und der Senat wünschten den Krieg, und glaubten mit

10. Theil 3 - S. 358

1880 - Stuttgart : Heitz
358 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. Zeichen des nahen Todes. Um 9 Uhr Abends trat ein fortdauernder Husten mit starkem Röcheln ein, der das Athemholen immer mehr erschwerte, und am 17. August Morgens um 2 Uhr 20 Minuten stand die Maschine des außerordentlichen Geistes still. Sein Leben hatte über 74, seine Regierung über 46 Jahre gewährt. Sein Körper liegt in der Garnisonkirche zu Potsdam in demselben Gewölbe unter der Kanzel, wo auch sein Vater beigesetzt ist. Friedrichs Unterthanen betrauerten ihn wie einen Vater, und selbst die, welche im Leben seine Feinde gewesen waren, empfingen die Nachricht von seinem Tode mit Rührung. So der alte Fürst Kaunitz, der berühmte Minister der Maria Theresia: „Wann wird, sprach er, „ein solcher König das Diadem wieder zieren?" Da Friedrich keine Kinder hinterließ, so folgte seines ältesten verstorbenen Bruders Sohn, Friedrich Wilhelm Ii., auf welchen wieder (1797) Friedrich Wilhelm Iii. gefolgt ist. 111. Entstehung des nordamerikanischen Freistaats. Zu der Zeit, wo Cortez Mexico eroberte und Pizarro Peru einnahm, war der Theil von Nordamerika, der nun der Freistaat heißt, wo jetzt Hunderte von blühenden Städten liegen, und an 40 Millionen Menschen wohnen, noch ganz unbekannt und nur von Wilden bewohnt. Erst unter der Königin Elisabeth von England gründete (1585) der berühmte Seefahrer Walter Raleigh (sprich Reli) die erste Niederlassung auf jener Küste und nannte die Gegend Virginien. Aber die ersten Anbauer wurden theils ein Opfer der Beschwerden, theils von -den Wilden erschlagen, und der kleine Ueberrest ließ sich von Francis Drake wieder nach England übersetzen. Doch unternahmen einzelne Schiffe neue Reisen nach Nordamerika und trieben einen äußerst einträglichen Pelzhandel mit den Eingeborenen, während die Franzosen aus demselben Grunde nach Canada segelten und dort Niederlassungen gründeten. Aber die Ungewohnheit des Klimas und verheerende Seuchen rafften die meisten englischen Colonisten immer wieder weg, und zuletzt schickte man Diebe und Straßenräuber hin, die man in England nicht zum Tode verurtheilen wollte, wodurch die Sitten der Colonisten natürlich vergiftet wurden. Zu jener Zeit aber bildete sich in England die Religionsgemeinschaft, welche noch jetzt dort die herrschende ist, die Hochkirche. Sie hatte viele Gebräuche des katholischen Gottesdienstes
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